Die Material- und Personalkosten für das Aufbringen der Gelbmarkierung betrugen 9.059,47 Euro.
Verkehrsversuch Marienthal
Verkehrsversuch Marienthaler Straße zwischen Brander Weg und Goethestraße
Projektkosten:
Förderung:
Keine.
Zeitschiene:
- 2018-2020: Unfallhäufungsstelle am Knotenpunkt Marienthaler Straße / Agricolastraße im Projektabschnitt OST, Unfallauffälligkeit im Projektabschnitt West.
- 2020: Unfallhäufungsstelle an der Gleisquerung (HsNr. 171) im Projektabschnitt West.
- Juni 2021: Handlungsbedarf der Unfallkommission Zwickau, Festlegung Verkehrsversuch mit Radfahrstreifen in Teilabschnitten der Marienthaler Straße.
- September 2021: Markierung der Radfahrstreifen in den Projektabschnitten Ost und West.
- November 2021: Fertigstellung der Markierungsarbeiten Radfahrstreifen.
- Februar 2023: Vorstellung der ersten Ergebnisse aus dem Verkehrsversuch im Stadtrat, Festlegung auf Verlängerung bis Ende 2024.
- Mai 2023: Ergänzung weiterer Piktogramme „Fahrrad“ im Streckenverlauf
- Dezember 2024: Auswertung Verkehrsversuch.
- 1. Quartal 2025: Vorstellung der Ergebnisse zum Verkehrsversuch im Stadtrat.
Projekthintergrund:
Die Vorgehensweise bei der Erfassung und Analyse von Verkehrsunfällen in der Stadt Zwickau beinhaltet eine systematische und koordinierte Herangehensweise zur Verbesserung der Verkehrssicherheit. Verkehrsunfälle in Zwickau werden zunächst polizeilich erfasst, aufbereitet und später ausgewertet, beziehungsweise kategorisiert.
Die Eintragung in eine Unfalltypenkarte und deren Analyse auf Basis von 1-Jahres- und 3-Jahreszeiträumen hilft dabei, Muster und wiederkehrende Problembereiche zu erkennen. So können gezielt präventive Maßnahmen entwickelt werden. Die für die Stadt Zwickau verpflichtende Bildung einer Unfallkommission gemäß § 44 StVO und die festgelegten Verfahren sorgen dafür, dass dieser Prozess standardisiert und einheitlich durchgeführt wird. In dieser Unfallkommission arbeiten dann die Polizei, die Straßenverkehrsbehörde, die Städtischen Verkehrsbetriebe und das Tiefbauamt zusammen. Durch die enge Zusammenarbeit der verschiedenen Beteiligten wird eine fundierte Auswertung der Unfälle und eine effiziente Ableitung von Gegenmaßnahmen gewährleistet. Die Verfahrensabläufe einer solchen Kommission sind dabei durch einschlägige Vorschriften standardisiert und zudem bundesweit weitgehend einheitlich. („Mehr Sicherheit auf Straßen – Aufgabe und Ziel der Unfallkommission“, 01.09.2021)
An dem Knotenpunkt Marienthaler Straße / Agricolastraße (Projektabschnitt Ost) hat sich seit dem Jahr 2018 eine sogenannte Unfallhäufungsstelle gebildet, also ein Punkt beziehungsweise Streckenabschnitt im Straßennetz bei dem innerhalb eines Jahres oder über mehrere nachfolgende Jahre hinweg gleiche Unfallarten immer wieder auftreten. Nach der Analyse der Unfälle wurde als maßgebliche Ursache für die hohe Anzahl und die Schwere der Verkehrsunfälle die eingeschränkte Sichtbeziehung auf den Verkehr in der Marienthaler Straße aus der Agricolastraße kommend festgestellt. Die Sichtbehinderungen entstanden dabei maßgeblich durch jeweils auf dem rechten Fahrsstreifen verkehrende Fahrzeuge, welche die Sicht auf den Fahrverkehr im linken Fahrstreifen verdeckten.
Neben den durch Verkehrsunfälle unmittelbar sichtbaren Schäden an den Fahrzeugen oder gar beteiligten Personen, gibt es in Deutschland auch vereinheitlichte, rechnerische Unfallkostensätze für den volkswirtschaftlichen Schaden solcher Unfälle. Indem diese Unfälle nach ihrer Schwere kategorisiert und mit bestimmten Kostenfaktoren versehen werden, können beispielsweise auch regionale Unterschiede oder langfristige Trends in der Verkehrssicherheit ermittelt werden. Dies ermöglicht eine zielgerichtete Analyse und präventive Planung, da es leichter wird, Unfälle nach ihrer volkswirtschaftlichen Bedeutung zu priorisieren. Je nach Unfallschwere, also Unfällen mit Sachschaden, Leichtverletzten, Personenschaden oder auch schwerem Personenschaden werden den kategorisierten Unfällen verschiedene Kostenfaktoren zugerechnet und ergeben somit einen (theoretischen) volkswirtschaftlichen Schaden. Dies hat natürlich nichts mit den individuellen Schicksalen der jeweiligen Unfallbeteiligten zu tun und dient dazu, den gesellschaftlichen Schaden abzubilden und zu vergleichen. Es ist ein nüchterner, aber dennoch wichtiger Blickwinkel, der die Behörden dabei unterstützt, Verkehrssicherheitsstrategien und Maßnahmen datenbasiert und effizient zu gestalten.
Auswertung Verkehrsversuch nach 10 Monaten Laufzeit
In der Auswertung zeigte sich im Vorher-/Nachher-Vergleich für den Projektabschnitt Ost und West eine Abnahme des Unfallgeschehens um -20 Prozent, während die Unfallanzahl und Unfallschwere im restlichen Stadtgebiet Zwickau sogar angestiegen ist. Noch deutlicher war die Entwicklung an der Unfallhäufungsstelle Marienthaler Straße / Agricolastraße in der Einzelbetrachtung, an der die Anzahl von Verkehrsunfällen um -70 Prozent gesunken ist und es zudem keine Unfälle mit Personenschaden mehr gegeben hat. Die volkswirtschaftlichen Unfallkosten verminderten sich damit allein in Bezug auf diese Unfallhäufungsstelle um zirka -90 Prozent. Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen also eine erfolgreiche Maßnahme.
Für eine externe fachliche Begleitung des gesamten Verkehrsversuches hat die Unfallkommission die LISt Gesellschaft für Verkehrswesen und ingenieurtechnische Dienstleistungen mbH (LISt GmbH) beteiligt. Diese hat nach 10 Monaten Laufzeit neben der Begründung für die verkehrstechnische Notwendigkeit eines solchen Radfahrstreifens auch eine Auswertung hinsichtlich der Entwicklung des Unfallgeschehens vorgenommen.
In der Auswertung zeigte sich im Vorher-/Nachher-Vergleich für den Projektabschnitt Ost und West eine Abnahme des Unfallgeschehens um -20 Prozent, während die Unfallanzahl und Unfallschwere im restlichen Stadtgebiet Zwickau sogar angestiegen ist. Noch deutlicher war die Entwicklung an der Unfallhäufungsstelle Marienthaler Straße / Agricolastraße in der Einzelbetrachtung, an der die Anzahl von Verkehrsunfällen um -70 Prozent gesunken ist und es zudem keine Unfälle mit Personenschaden mehr gegeben hat. Die volkswirtschaftlichen Unfallkosten verminderten sich damit allein in Bezug auf diese Unfallhäufungsstelle um zirka -90 Prozent. Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen also eine erfolgreiche Maßnahme.
Aber! Aufgrund des kurzen Nachher-Zeitraums von weniger als einem Jahr in der Auswertung 2022, wurde seitens der beteiligten LISt GmbH in Abstimmung mit der Unfallkommission die Betrachtung eines Zeitraums von mindestens einem ganzen Kalenderjahr empfohlen, um die Nachhaltigkeit der Maßnahme besser beurteilen zu können. Hinzu kam dabei auch noch, dass die Unfallhäufungsstelle an der Kreuzung der Marienthaler Straße mit der Agricolastraße sowohl in der 1-Jahreskarte als auch in der 3-Jahreskarte auffällig war (Zeitraum 2018 bis 2020) und für die genauere Auswertung der Ergebnisse ein längerer Versuchszeitraum benötigt wird. Die abschließende Empfehlung lautete somit, den Verkehrsversuch noch bis Ende 2024 zu verlängern, sodass für eine erneute Untersuchung der Entwicklung des Unfallgeschehens gemäß der Unfalltypenkarte ein Zeitraum von drei Jahren vorliegt. Dieser Empfehlung ist die Unfallkommission nachgekommen und hat die Verlängerung des Verkehrsversuchs bis Dezember 2024 beschlossen.
Auswertung Verkehrsversuch nach 3 Jahren Laufzeit
Bei dem jetzt möglichen Vorher-Nachher-Vergleich über den 3-Jahreszeitraum zeigt sich bei der Gesamtanzahl der Verkehrsunfälle im Untersuchungsgebiet einer Reduzierung um -22 Prozent. Verkehrsunfälle hat es somit trotzdem noch gegeben, allerdings hat sich die Schwere dieser Unfälle dahingehend geändert, dass die Verkehrsunfälle mit Personenschaden mit -42 Prozent sehr deutlich zurückgingen und die Anzahl der Unfälle mit schwerwiegendem Sachschaden angestiegen sind.
Auch hier wurde die Auswertung zur Veränderung der Verkehrsunfallzahlen im Projektabschnitt Ost und West des Verkehrsversuches noch mit der Entwicklung der letzten 3 Jahre im restlichen Stadtgebiet verglichen und es zeigte sich ein deutlich stärkerer Rückgang der Verkehrsunfälle im Rahmen des Verkehrsversuches als im Rest der Stadt Zwickau.
An der Unfallhäufungsstelle Marienthaler Straße / Agricolastraße haben sich die Verkehrsunfälle in der Einzelbetrachtung ebenfalls geändert. Im Vorher-Zeitraum haben sich dort insgesamt 13 Unfälle ereignet, bei denen mehr als die Hälfte der Unfälle Personenschaden zur Folge hatte. Im Nachher-Zeitraum wurden zwar 15 Unfälle polizeilich aufgenommen – ein Fahrunfall, neun Abbiegeunfälle und fünf Einbiegen/Kreuzen-Unfälle, bei den nun vermehrt auftretenden Abbiegeunfällen handelt es sich entweder um Auffahren eines nachfolgenden Fahrzeugs auf einen wartenden Abbieger, Kollision eines Linksabbiegers mit dem Gegenverkehr oder Kollision eines Rechtsabbiegers mit einem über den Radfahrstreifen überholenden Fahrzeuges. Vier Unfälle im Nachher-Zeitraum stehen mit einer unrechtmäßigen Nutzung des Radfahrstreifens durch den Kraftfahrzeugverkehr im Zusammenhang. Trotz der gestiegenen Unfallanzahl ist jedoch eine Abnahme der Unfallschwere um -85 Prozent zu betrachten, denn dem Anstieg der Unfallanzahl um +15 Prozent steht ein Rückgang der Unfallkosten von -51 Prozent gegenüber. Auch Verkehrsunfälle mit der Beteiligung von Radfahrenden sind seit im Rahmen des Verkehrsversuches um -70 Prozent zurückgegangen.
Wurde der Radfahrstreifen von Radfahrenden genutzt?
Über den Versuchszeitraum hinweg wurden mehrmals Verkehrserhebungen durchgeführt, zuletzt im September 2024 bei dem auch die Anzahl der Radfahrenden gezählt wurde. Kurz zusammengefasst: Radfahrende nutzen den Radfahrstreifen.
Im gesamten Stadtgebiet Zwickau lag der Anteil des Radverkehrs am täglichen Verkehrsaufkommen über alle Wege bei 7 Prozent (Stand 2023). Trotz eines etwas niedrigeren Anteils im Vergleich zum städtischen Durchschnitt trägt der Radfahrstreifen auf der Marienthaler Straße dazu bei, den Radverkehr in der Stadt insgesamt zu fördern. Dass die Maßnahme nicht nur die Sicherheit und Infrastruktur vor Ort verbessert, sondern auch einen Einfluss auf das Bewusstsein für Radfahren in der ganzen Stadt haben kann, ist dabei mehr als nur ein positiver Nebeneffekt. Zusätzlich zu den Zählpunkten gibt es seit 2024 in der Marienthaler Straße auch einen Versuchsaufbau mit zwei Zählstellen für den Radverkehr in Zusammenarbeit mit dem Ubineum und der Westsächsischen Hochschule Zwickau. Dieser KI-basierte Zählmechanismus befindet sich in einem Teststadium und soll durch den Einsatz in der Praxis weiterentwickelt werden. Der Standort ist für den Versuchsaufbau gut geeignet da durch den Verkehrsversuch mit dem Radfahrstreifen mehrmals Verkehrszählungen vorgenommen wurden und damit entsprechende Vergleichswerte für die KI-basierte Zählung vorliegen.
Warum wurde nicht ausschließlich der Knotenpunkt Agricolastraße überarbeitet?
Unfallauffällig waren der Knotenpunkt Agricolastraße mit einer hohen Unfallschwere, die Gleisquerung in Höhe Marienthaler Straße 171 und die Strecke bis zum Knotenpunkt Jacobstraße. Einzelmaßnahmen an dem Knotenpunkt Agricolastraße wurden geprüft und zur Reduzierung der Unfallzahlen bzw. der Unfallschwere gilt die Reduzierung um einen Fahrstreifen als wirksamste Maßnahme.
Da die Marienthaler Straße zwischen dem Kreisverkehr Steinpleiser Straße bis runter zur Bernhardstraße ohnehin nur einen Fahrstreifen hat, ist die Reduzierung der beiden bestehenden Fahrstreifen auf nur noch einen je Richtung auf dem kurzen Abschnitt zwischen Bernhardstraße und Goethestraße folgerichtig. Ohne den Radfahrstreifen hätten dazu entsprechende Sperrflächen markiert werden müssen, bei denen auf der Marienthaler Straße lediglich ein kleiner Rest von zirka 100 Metern Länge zweistreifig geblieben wäre und für den Verkehrsfluss keinen wesentlichen Nutzen erbracht hätte.
Standen durch den Verkehrsversuch ständig alle im Stau?
Einer der häufigsten Beschwerden/Rückmeldungen seit dem Beginn des Verkehrsversuches bezieht sich auf die Stauerscheinungen entlang der Marienthaler Straße. Hierzu muss man zunächst anmerken, dass während des Verkehrsversuches über mehrere Monate hinweg erst die Olzmannstraße und danach die Reichenbacher Straße sowie Marienthaler Straße selbst gesperrt waren. Die Sperrungen haben durch den Umleitungsverkehr teilweise zu einer deutlich höheren Verkehrsbelastung an verschiedenen Abschnitten der Marienthaler Straße geführt und war dann zu den Spitzenzeiten morgens und nachmittags durch den Rückstau an den Ampelanlagen teilweise auch deutlich spürbar.
Dies betraf letztlich auch den ÖPNV, der zwischen den Haltestellen Lindenhof, Fritscheplatz, Paulusstraße und Brander Weg sowohl bei den Buslinien (SVZ) als auch der Straßenbahnlinie 4 (SVZ) mit Verspätungen konfrontiert war. Bei einer exemplarischen Auswertung in dem Zeitraum der gleichzeitigen Sperrung Reichenbacher Straße und Marienthaler Straße, zeigten sich bei den betreffenden Linien der Städtischen Verkehrsbetriebe über den gesamten Tag verteilt starke Schwankungen, bei denen von einer halben bis zu zehn Minuten Verspätung zwischen den jeweiligen Haltestellen gemessen wurden. Hierbei waren die Taktverschiebungen im Extremfall so gravierend das teilweise auch einzelne Fahrten einer Linie ausgefallen sind. Bei einem normalen Verkehrsaufkommen auf der Marienthaler Straße, also ohne Umleitungen oder Sperrungen der umliegenden Hauptstraßen, sind diese Verspätungen zwischen den Haltestellen Lindenhof, Fritscheplatz, Paulusstraße und Brander Weg nicht nur wesentlich seltener, sondern auch noch deutlich kürzer. Eine weitere exemplarische Auswertung zeigte zum Beispiel bei der Straßenbahnlinie 4 nur noch vereinzelte Fahrten mit einer Verspätung von mehr als einer Minute. Der während des Verkehrsversuches für die Verkehrsteilnehmer belastende Stau auf der Marienthaler Straße und die Verspätungen beim ÖPNV ergaben sich somit vorrangig durch die Baustellen der umliegenden Hauptstraßen.
Drohneneinsatz zur Beobachtung des Verkehrsaufkommens
Stadtverwaltung und Westsächsische Hochschule Zwickau (WHZ) arbeiten seit Jahren in verschiedenen Projekten eng zusammen. Jüngstes Beispiel ist der Einsatz einer Drohne zur Verkehrserhebung. Der Test in Kooperation zwischen dem städtischen Tiefbauamt und dem Ordnungsamt auf der einen Seite und den Forschungsteams der Fakultät Wirtschaftswissenschaften und der Fakultät Kraftfahrzeugtechnik auf der anderen Seite wurde am 4. September in der Marienthaler Straße durchgeführt. Für die Stadtverwaltung sind dabei neben den allgemeinen Beobachtungen zum Verkehrsfluss auch die ermittelten Daten zum Verkehrsaufkommen interessant. Das Video zeigt in einem Zusammenschnitt als Zeitraffer das Verkehrsaufkommen im Abschnitt zwischen Agricola- und Bernhardstraße.

